Her mit dem freudigen Radieschen
„Irgendwie bringt mich das immer wieder aus meiner Konzentration,“ sagte mir im ruhigen Ton ein Teilnehmer meines Ferienworkshops „Zen-Meditation“. Die Ursache seiner unterbrochenen Konzentration war die geführte Meditation, die ich in der Tradition von Thich Nhat Hanh durchführte. „Es sind vor allem die Texte, die mich rausbringen“, ergänzte er. Offenbar war es mein Fehler, dass ich nicht genug erklärt hatte, was eine geführte Meditation „bringen soll“. Nun ja. Meine Antwort wäre: Es hat etwas mit Möhrchen und Radieschen wässern zu tun.
Im Buddhismus wird davon ausgegangen, dass es ein Speicherbewusstsein gibt. Also ein Bewusstsein, in dem alle Samen der Gefühle gepflanzt sind. Dazu gehören die Samen der Wut, der Freude, des Ärgers, der Liebe und so weiter und es kommt nun einfach darauf an, welche Samen ich mit meiner Gießkanne der Achtsamkeit gieße. Die geführte Meditation hat also die Funktion im Zazen, mit den Worten die Gefühle hervorzurufen, die die jeweiligen Samen bewässern, damit daraus eine große starke Pflanze wird. Es soll also nicht die Konzentration gestört, sondern im Gegenteil gefördert werden.
Die Worte in der geführten Meditation sollen zu Bildern werden. Die Bilder wiederum lösen Gefühle aus und die wirken sich auf den entsprechenden Samen im Speicherbewusstsein aus. Nach dem Klang der Schale heißt es beispielsweise: „Ich atme ein und lächle, nichts ist so wichtig wie mein Frieden und meine Freude.“ So soll der Meditierende sich an die Freude erinnern, die er einmal bei einer wunderschönen Gelegenheit empfunden hat und jetzt wieder empfindet. Schwester Chân Đức, aus dem Kloster Plum Village, sagte dazu: „Diese Freude wird den Schmerz langsam umwandeln.“ Das Atmen auf dem Sitzkissen bringt Körper und Geist zusammen und die geführte Meditation bringt den Meditierenden auf andere Wege, statt immer um dieselben Gewohnheiten zu kreisen.