Hume und das Leid
„Von welchen Ursachen leite ich mein Dasein ab und wohin geht meine künftige Bestimmung?“ Diese Fragen quälten den schottischen Philosophen David Hume. Er beobachtete die Menschen und wie sie handelten. Für ihn waren sie zum Handeln und Denken geboren. Er versuchte herauszufinden, warum Menschen so handelten, wie sie handeln. Dabei nahm er Bezug auf Gewohnheiten und den gelernten Blaupausen für unser Denken und Handeln. Heute würden Hirnforscher bestätigen, dass alles im limbischen System des Gehirn angelegt ist. Hume schrieb zudem, dass sich alles von starken lebhaften Empfindungen ableiten lässt. Er nannte es Sensualismus. Und spätestens jetzt kommen wir zu buddhistischen Gedanken. Denn Hume fragte sich, ob die äußeren Dinge um uns herum unabhängig existieren und sich von unseren Wahrnehmungen unterscheiden.
Wenn also jemand mit einem Messer in unseren Körper sticht, folgen daraus ganz klar Schmerzen. Und zwar nicht unerheblich. Aber führt das auch zu Leiden? Es kommt darauf an, wer das Messer führt. Ist es jemand, der uns bedroht, weil er sich reiche Beute aus unserem Portemonnaie erhofft oder ist es ein Chirurg, der mit seinem Skalpell versucht einen Tumor zu entfernen. Offenbar spielt die Absicht des menschlichen Handelns eine Rolle, ob uns zwar Schmerz zugefügt wird, aber nicht unbedingt Leid. Wobei ich natürlich hoffe, dass der Chirurg mir vor der Operation eine Betäubung verabreicht hat.
Hume kam im 18. Jahrhundert auch zu dem Ergebnis, dass es kein Selbst oder Ich gibt. Wer nimmt äußere Reize wahr? Die Augen, die Ohren, die Haut? Wo finde ich ihn im Körper? Also – das Selbst oder Ich müsste sich, so Hume, zumindest von einem Sinneseindruck herleiten lassen. Aber im Gehirn gibt es ja lediglich eine ständige Abfolge von Gedanken. Wo ist das Ich? Es könnte aufgrund der Sinneseindrücke zu einer Idee von einem Ich kommen. Eine Idee von etwas kann aber unmöglich der Kern selbst sein. Es ist so als wenn Dokumentarfilme immer mit „Eine Annäherung an …“ betitelt werden. Es bedeutet letztendlich, dass der Dokumentarfilmer die Person nicht wirklich im Kern gefunden hat. Er gibt schon in der Überschrift sein Scheitern bekannt.
Gibt es ein Selbst? Theravada-Buddhisten bekommen nach der Ordinierung eine Aufgabe. Sie sollen darüber meditieren, wer sie sind – was das Ich-Bewußtsein ausmacht. Vorausgesetzt es existiert.