Leben geht langsam
Er hat sich offenbar darüber Gedanken gemacht und hat die Langsamkeit zu Papier gebracht. Jiro Taniguchi war einer der bekanntesten Mangazeichner im Westen – vor allem in Frankreich und Belgien. Im Klappentext zu seinem Manga „Der Kartograph“ heißt es: „Schritt für Schritt – das Maß der Dinge ist für den Kartographen der exakt gleiche Abstand. Daneben gilt es, immer ein Auge für die Dinge am Wegesrand zu haben. Aufmerksam zu sein gegenüber dem Leben, den Kreativen, den Künsten, der Natur.“ Taniguchi zeichnete unter anderem auch die Kindheit von Tomoji Uchida, der Begründerin des buddhistischen Shojushin-Tempels in den 1930iger Jahren. Sie hatte einen männlichen Namen und eine durchaus harte Kindheit. Dennoch blieb sie sanft und gründete einen eigenen buddhistischen Weg, der stark verwoben ist mit Shinto, der japanischen Naturreligion und der in Deutschland wenig Beachtung fand. Auch dieser Lebensweg entwickelte sich sehr langsam.
Aber muss immer alles schnell gehen? Am liebsten am Schnellsten, viel schneller als alle anderen? Dann ist das Leben sehr kurz und nicht besonders achtsam. Bei einem Spaziergang durch die Stadt nimmt der Flaneur viel mehr wahr, als wenn er mit dem Auto durch die Straße fährt. Die duftenden Blumen der Vorgärten, die Architektur der Häuser, vielleicht auch die Menschen, die sich auf dem Bürgersteig aufhalten. Das gibt einen ganz anderen Eindruck beim langsamen Gehen, als beim Fahren mit sturem Blick aus der Windschutzscheibe. Schritt für Schritt erkundet und vermisst der Kartograph von Jiro Taniguchi die alte japanische Hauptstadt Edo. Dabei wirft er immer auch einen Blick auf die Dinge am Wegesrand. Das Leben und die oft überraschenden Begebenheiten des Lebens ziehen so langsam am aufmerksamen Spazierenden vorbei.
Schritt für Schritt – im Rhythmus der Atmung ist Schritt für Schritt das Leben spüren.