Ego ist Ich und Ich ja mal zuerst
Ich will … Ich kann … Ich muss … Ich brauche … Kennen Sie das? Aber können Sie auch erklären wer Ich ist? Ja klar, da braucht man doch bloß in seinen Spiegel zu sehen und schon kann ich mich sehen und weiß, dass ich Ich bin. Möglicherweise ist der Betrachter aber auch ein wenig geschockt, wenn er ein Foto sieht, das vielleicht die Freundin gerade gemacht hat. Das kann ich doch unmöglich sein. Im Spiegelbild sieht das ganz anders aus. Das wäre aber dann erst einmal ein Indiz dafür, dass der Körper vielleicht nicht das ist, was das Ich ausmacht. Der Körper verändert sich im Lauf des Lebens und doch gehen wir immer davon aus, dass wir im Wesentlichen die gleiche Person sind und bleiben. Das ist schwierig. Wir werden geboren und wachsen auf und sind schließlich erwachsen. Wir können also unmöglich immer die gleiche Person gewesen sein.
Theravada-Buddhisten bekommen oft eine Frage mit auf den Weg, wenn sie im Waldkloster beginnen zu meditieren. Die Frage ist ganz einfach: „Wer bin ich?“ Wenn der Meditierende keine Arme oder Beine mehr hätte – rein hypothetisch -, wäre er dann noch er selbst? Der lebende Körper scheint nicht etwas mit dem Ich zu tun zu haben. Der Körper verändert sich, altert und schließlich stirbt er. Die Dinge verändern sich ständig. Nichts bleibt wie es ist. In einer buddhistischen Geschichte heißt es, dass man niemals in denselben Fluß steigen kann, obwohl wir immer dieselbe Uferstelle nehmen. Der Fluss macht eben das, was er tun muss: er fließt und ist ständig ein anderer. Das gilt auch für unser Ich. Es ist zudem nicht unabhängig, auch wenn das viele glauben wollen. Wir atmen, wir essen, wir trinken. Ständig nehmen wir etwas aus der Umwelt in uns auf und sind somit auch mit der Natur verbunden. Es geht nicht ohne. Werden wir uns dessen bewusst, haben wir auch ein anderes Verhältnis zu den Dingen um uns herum. Auch zu den Menschen in unserer Nähe. Wir essen vielleicht nicht dasselbe, aber wir atmen die gleiche Luft, die unsere Lungen gemeinsam durchströmt. Unsere Arbeit, unser Handeln hat Auswirkungen auf alle, wie auch das Handeln und die Arbeit der anderen Auswirkungen auf uns haben. Wir sind ein wenig wie Billardkugeln, die sich gegenseitig stupsen und damit ständig in Bewegung sind. Das kann die einzelne Billardkugel ohne die anderen nicht bewerkstelligen.
Das Selbst unterscheide sich von der Umwelt, heißt es in der Brockhaus Enzyklopädie. In der Psychoanalyse ist das Ich eine innere Instanz der Seele. In der Philosophie fasst der römische Bischof und Kirchenlehrer Augustinus bereits im 5. Jahrhundert das Ich als den beseelten, geistesfähigen Menschen auf, der die Aufgabe hat, sich selbst zu erkennen. Es gibt noch ein paar Ichs mehr: das empirische Ich, das transzendentale Ich und das absolute Ich.
Bleibt die Frage: Wer bin ich?