Der Baum wirft Blätter ab
Es ist warm, sehr warm und das schon seit etlichen Tagen. Die ersten Bäume bekommen gelbe Blätter, obwohl wir noch lange keinen Herbst haben. Aber es hat schon Tage nicht mehr genügend geregnet. Die Bäume haben Durst und versuchen ihren Wasserverbrauch durch die Blätter zu reduzieren, um zu überleben. Gleichzeitig füllen daneben Gartenbesitzer aufblasbare Pools mit Wasser, in denen sich ohne weiteres ein Mammut einseifen könnte. Nur so zum Vergnügen und nicht als Überlebensreservoir. Scheinbarer Überfluss, während die Bäume auf Minimalismus als Überlebensstrategie setzen. Vom vorsichtigen Umgang mit den Ressourcen der Natur sind wir noch ein ganzen Stück entfernt.
Da fällt einem der Begriff Achtsamkeit wieder ein, obwohl der doch mittlerweile tatsächlich etwas abgedroschen scheint. Aber wie anders ausdrücken? Es geht darum, dass wir die Bäume ebenfalls wahrnehmen und unsere Dinge, die wir scheinbar so dringend für unser Leben benötigen, überdenken. Wir brauchen Kleidung, ein Dach über dem Kopf und Nahrung. Mehr ist es erst einmal grundsätzlich nicht, um nicht wieder als Neandertaler die Gegend um Düsseldorf zu durchstreifen. Genügsam zu sein bedeutet nicht, dass wir abgemagert in Sack und Asche herumlaufen und uns in eine Waldhütte verkriechen. Aber sehen wir doch mal in den Kleiderschrank. Brauchen wir drei Winterjacken und 25 Hemden? Doch wahrscheinlich nicht. Und jeden Tag Châteaubriant auf dem Tisch wird auf Dauer langweilig. Gemüse ist auch schmackhaft und lässt die Tiere und uns prima leben.
Es gibt auch einen Trend zum Vanlife und Tiny House. Aber auch dass muss es nicht unbedingt sein, es denn, dass das genau der Lebensstil ist, der zu einem passt. Aber eine Villa mit zehn Räumen eben auch nicht. Noch nicht einmal, wenn wir unbedingt der Meinung sind, dass wir repräsentieren müssen. Dann scheinen wir doch eher ein Problem mit unserem Ego zu haben, wenn die äußere Welt wichtiger ist als unsere Persönlichkeit. Der mittlere Weg ist der erstrebenswerte. Einfach mal überlegen, was wir denn tatsächlich so brauchen, ohne uns gleich unwohl zu fühlen. Die Dokumentation „The Minimalists“ hat das sehr gut auf den Punkt gebracht. Die beiden jungen Amerikaner Joshua Fields Millburn und Ryan Nicodemus berichten über ihr bisheriges Leben, wie sie darüber nachgedacht haben und schließlich sich selbst mit viel weniger glücklich fühlten. Komischerweise vermissten sie nach dem materiellen Abspecken nichts. Sehen wir von dem missionarischen Eifer der Beiden ab, so ist doch die Grundidee eine Überlegung wert.
In dem dem Blog The Minimalists heißt es:
„Minimalismus ist ein Werkzeug, das Ihnen helfen kann, Freiheit zu finden. Freiheit von Angst. Freiheit von Sorgen. Freiheit von Überforderung. Freiheit von Schuldgefühlen. Freiheit von Depressionen. Freiheit von den Insignien der Konsumkultur, um die wir unser Leben herum aufgebaut haben. Echte Freiheit.“