Der Ich-Film
Immer wieder geht es um mich. Grenzen aufzeigen, Pflöcke einschlagen, sonst wir man schließlich völlig untergebuttert. Wer will das schon. Richard Gere war Mitproduzent an einem Dokumentarfilm über den Dalai Lama „Die Weisheit des Glücks“ und wurde dazu vom Schweizer Fernsehen interviewt. Selbstverständlich ging es da auch um die Nähe des Schauspielers zu dem tibetischen Oberhaupt. Schließlich sei Gere ja weltberühmt und würde auf der Straße von allen erkannt. Das sei aber eben nicht so. Er habe einmal die Rolle eines Obdachlosen angenommen und saß an einer sehr belebten Straßenecke in New York. Keiner hätte ihn gesehen. Man habe praktisch durch ihn hindurchgesehen und ihn nicht wahrgenommen. Für die Gesellschaft existieren die nicht, die kein großes Ego mehr haben. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass diese Menschen unwürdig sind. Es gibt viele weise Yogis in der Welt, die keiner kennt und dennoch tiefe Erkenntnis haben. Sie leben praktisch in einer anderen Realität. Es ist nicht die Realität der illusorischen Welt.
Wir blasen unser Ich auf und glauben etwas zu sein in der Welt, in der wir lediglich im Durchschnitt 80 oder 90 Jahre leben. Ist es nicht viel schöner ein „Mensch ohne Rang“ zu sein? Ein Mensch, der mit der Natur lebt und voller Mitgefühl für seine Mitwesen ist, egal wieviele Beine sie haben. Ich habe auf meiner Kommode im Flur immer ein altes sauberes Marmeladenglas stehen mit einer kleinen Pappe als Deckel. Wann immer eine kleine Mücke oder eine Spinne vorbeikommt, wird sie in das Marmeladenglas eingeladen und anschließend auf die Terrasse gesetzt. So können wir doch prima miteinander auskommen. Zurück zu Richard Gere. Nein, der kommt nicht in ein Marmeladenglas. In dem Interview des Schweizer Fernsehens sprach er auch über das Selbst und fand einen Vergleich aus seinem Metier. Wir sehen von uns und von der Umwelt, in der wir leben, immer nur einzelne Bilder als Momentaufnahmen. Wie bei einem Film fügen wir diese Bilder zusammen, die vor uns dann ablaufen wie eine Realität des Ichs zur Umwelt. Aber dieser Film existiert nicht. Es ist eine Illusion, die lediglich aus 24 einzelnen Bilder besteht und nicht als eine Abfolge des Lebens.