Swami oder nicht? Das ist hier die Frage
Er hätte sich wahrscheinlich gerne Swami genannt – vermute ich jedenfalls, aber das durfte er nicht, da er keine hinduistische Mönchsweihe erhalten hatte. Das hinderte Maharishi Mahesh Yogi aber nicht daran, gleich eine ganze Bewegung in den 60er Jahren zu initiieren: die Transzendentale Meditation, kurz TM. Nun ja – eigentlich ist Swami ein Begriff aus dem Sanskrit und bedeutet Meister oder auch Herr. Ein anderer Inder, der Guru Osho, hatte damit nicht viele Probleme, denn er nannte alle männlichen Jünger „Swami“, orange gewandet und mit Mala versehen, die an der Perlenkette sein Konterfei trugen. Das wirft die Frage auf, ob man denn unbedingt von einem Abt, einem Oberpriester, einem Guru oder sonst einem religiösen Führer als spiritueller Mensch anerkannt und betitelt werden muss?
Auch Siddharta kam aus der vedischen, der Yogi-Tradition. Dennoch gab er sich nie einen Titel oder bekam ihn von anderen. Warum auch? Das wäre doch bloß wieder eine dualistische Einstufung gewesen und seiner Erkenntnis nach gibt es den Dualismus nicht. Ein Baum ist ein Baum, eine Blume wächst ohne Absicht. Wer die Meditation praktiziert, tut dies absichtslos wie eine Blume. Siddharta wurde Buddha genannt. Diesen Titel bekam er aber nicht von einem „Oberbuddha“.
Maharishi Mahesh Yogi wurde eigentlich durch die englische Band „The Beatles“ populär. Sie wollten die Transzendentale Meditation so richtig lernen und flogen immer wieder nach Rishikesh, Indien. Dort wohnte Maharishi auf einem Hügel und blickte über die Stadt und den Fluß Ganges. Aber irgendwann kam das Gerücht auf, Maharishi habe die Schauspielerin Mia Farrow sexuell belästigt, die zu der Zeit, 1968, ebenfalls in Rishikesh war. Die Beatles reisten ab.
John Lennon schrieb sich die Geschichte mit dem Song „Sexy Sadie“ von der Seele. Erst im Jahr 2014 veröffentlichte die IMDb, die Internet Movie Database, einen Auszug aus einem Artikel der RealBollywood, in dem Mia Farrow Maharishi Mahesh Yogi beschuldigt, sie belästigt zu haben.
Solche sexuellen Übergriffe zwischen religiösen Lehrern, wie sie sich auch bezeichnen mögen, scheinen immer wieder vorzukommen. Aber darauf will ich eigentlich nicht weiter eingehen. Es geht mir darum, ob ein großer spiritueller Mensch unbedingt die offizielle Anerkennung eines anderen großen spirituellen Menschen braucht, der ebenfalls wiederum von einem anderen spirituellen Menschen – zu was auch immer – betitelt wurde. Nur um nachher sagen zu können, dass man bei dem „Großen erhabenen Mumpf“ selbst gelernt habe. Siddharta brauchte das nicht. Er hat verschiedene yogische Wege ausprobiert und ist zu einer Erkenntnis gekommen und weil er die für richtig und gut befand, hat er sie kostenlos weitererzählt. Das müsste doch eigentlich reichen. Jeder kann dann selbst die Erfahrung machen, verschiedene Wege ausprobieren und sich schließlich entscheiden. Gibt es nur einen Pfad, der zum Gipfel des Berges führt?