Warum nicht mal schreiben?
Es ist schon ein wenig unheimlich, dass die Texte, die ich einmal im Internet verfasst habe, mich selbst überleben werden. Ich denke, das war in der Vergangenheit nicht immer so. Ich schrieb früher Artikel für Zeitungen, die in den Archiven der Zeitungen vielleicht überleben und manche der Zeitungsausgaben wurden in sogenannten Zeitkapseln in einem Grundstein versenkt. Wenn ein solches Gebäude mit dem Grundstein einmal zusammenfällt oder abgerissen wird, vielleicht so in 200 Jahren, wird eine tolle Entdeckung gemacht. Die Kapsel würde herausgenommen und die Welt könnte einen äußerst wichtigen Artikel von mir lesen, beispielsweise von der Jahreshauptversammlung des Kaninchenzüchtervereins oder dem ersten Krankenkassen-Lauftreff. Nun ja. Es wird die Welt nicht bewegen. Und so eine analoge Zeitkapsel ist dann doch etwas anderes als das Internet: unfassbar, unvernichtbar, zeitlos. Im Internet kann ich die Texte an jedem Ort und zu jeder Zeit lesen – auch lange nachdem ich tot bin. Und ich werde sterben, der Text aber nicht automatisch verblassen.
Also – Vorsicht mit dem, was geschrieben wird. Ob das allerdings auch für die Sozialen Medien gilt? Rofl, rofl, lol. Würde der kantsche Imperativ überlebt haben, wenn Immanuel den mal so für die Community getwittert hätte? Das ist schwer vorstellbar. Aber eine kleine Chance besteht dennoch. Nun – Vorsicht beim Twittern.
Also habe ich gehört … so beginnen die im Pali-, im chinesischen- und im tibetischen Kanon enthaltenen Schriften von Siddhartha vom Leid in der Welt und wie man das Leid überwinden kann. Hier war es zunächst einmal eine mündliche Überlieferung. Jeder Schüler lernte die Texte auswendig und so starteten sie halt immer mit „Also habe ich gehört …“ Sie waren dadurch aber nicht weniger wahr und korrekt. Später wurden die Texte dann aufgeschrieben, in Büchern gefasst, übersetzt, praktiziert und schließlich gelangten sie auch ins Internet. Vermutlich werden sie die Jahrtausende überdauern, egal in welcher Form auch immer.
Konfuzius sagt …
Wer weiß welche Formen die Kommunikation noch annehmen wird. Da die Worte auf Erkenntnis beruhen hätte vielleicht Kant doch Glück gehabt, wenn er den kategorischen Imperativ „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde“ getwittert hätte. Ähnliches hat übrigens bereits Konfuzius gesagt. Er lebte vermutlich 500 vor unserer Zeitrechnung: „Was du nicht willst, das man dir tut, das füg‘ auch keinem anderen zu.“ Das klingt ein wenig einfacher, meint aber das Gleiche wie Kant. Wahre Worte überdauern Zeit, Raum und Nationen.