Es heilt mich nicht
Meine Meditation hilft mir überhaupt nicht. Warum soll ich mich denn immer wieder hinsetzen? Stimmt, oder? „Zen ist für nix gut“, sagte der buddhistische Lehrmeister Kōdō Sawaki. Er lief durch Japan, setzte sich immer wieder hin und lehrte Zazen, das Sitzen. Er provozierte mit dem Ausspruch, das Zen für nix gut ist. Dabei wollte er unsere Denkweise durchbrechen, die immer wieder darauf ausgerichtet ist, dass etwas ein Ziel haben muss. Wenn ich schon dreimal am Tag still sitze, dann muss das doch zu etwas nutze sein, es muss doch verflixt nochmal zu einem Ergebnis führen. Möglicherweise liegt es auch an der Zeit des Sitzens, das Wann und Wo und wie lange. Herr Kōdō bekräftigt: „Es gibt kein Ergebnis einer Messung.“ Das Sitzen alleine reicht. Nichts tun – nur sitzen und nicht darauf warten, dass sich etwas tut, womöglich die Erleuchtung. Nada, nix, niente. Wir machen uns selbst das Leben zur Hölle, wenn wir ständig werten.
„Ich wünschte, ich hätte nicht so viel Zeit damit verbracht, mir Sorgen darüber zu machen, was andere von mir dachten“, war einer der Kernaussagen einer Studie unter 80-Jährigen an der Harvard Universität in Massachusets. Sie wurden von dem Psychiater Robert Waldinger aufgefordert, ein wenig über ihren Lebensweg nachzudenken. Sie hatten einfach zu viel Angst vor der Kritik der anderen. Wir haben es einfach verlernt, nur zu sein. Rücksicht auf andere ist dabei aber gemäß Konfuzius selbstverständlich: „Begegne den Menschen mit der gleichen Höflichkeit, mit der du einen teuren Gast empfängst.“ Wer es gerne europäischer mag, kann auf den Philosophen Emmanuel Kant zurückgreifen: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Kurz: Sei nett zu deinen Mitmenschen. Genau das lehrte Siddharta Gautama und er ging noch einen Schritt weiter, denn das Verhalten sollte sich auf alle Wesen auswirken, also ebenfalls auf die Tiere. Wer also oft meditiert, der reflektiert auch sein eigenes Verhalten, bis es ihm gelingt nur noch seinem Atem zu folgen. Was nicht einfach ist, denn der Mensch hat rund 70.000 Gedanken täglich. Warum gönnen wir unserem Gehirn nicht auch mal eine Ruhephase?
Abt Dōgen Zenji gibt uns schon im 13. Jahrhundert den folgenden Rat: „Löse dich aus allen Bindungen, lasse die zehntausend Angelegenheiten ruhen. Denke nicht an Gut und Schlecht, urteile nicht über Richtig oder Falsch. Dein Geist und Bewusstsein drehen sich im Kreis – lass sie zur Ruhe kommen. Hör auf, alles mit deinen Gedanken und Meinungen abzuwägen. Versuche auch nicht, einen Buddha aus dir zu machen.“ Beschrieben wurde dieser Rat in Kōdō Sawakis Buch „Jeder Tag ist ein guter Tag.“
Na denn – genießen Sie den Tag.