Faule Socke!
Wer kennt den Sketch „Ich will hier nur sitzen …“ von Loriot? Ein Mann sitzt gemütlich in seinem Sessel und seine Frau läuft im Hintergrund immer hin und her und fordert ihn auf etwas zu tun, aber er will einfach nur sitzen und ist dabei glücklich. Ein Zustand, der uns Shikantaza auch geben kann (natürlich ohne die auffordernde Frau). Der japanische Begriff wird meistens mit „einfach nur sitzen“ übersetzt, aber er ist weitaus mehr. Dogen Zenji, der Gründer der Sōtō-Schule, der Schule des einfachen Sitzens hat betont, das Zazen jenseits des Sitzens oder Liegens ist. Und kann der Übende besser werden, wenn er immer dasselbe tut? Die Frage ist schon falsch, da es hierbei scheinbar um eine Leistung geht oder ein Ziel, das es zu erreichen gilt. Es gibt nichts zu erreichen. Wir sind einfach nur da, ganz bewusst und ein Bewusstsein wächst nicht, ändert sich nicht. Es ist möglich sich etwas bewusst zu machen, das man vorher nicht gesehen hat, aber das Bewusstsein ist vorher und nachher dasselbe.
Es geht nicht darum, ein konzentrierter Yogi zu werden, der im Lotossitz unter einem Blätterdach meditiert. Wir brauchen den Anfängergeist, den Geist eines Kindes im Zen. Es verschmilzt mit dem, was es in der Natur entdeckt und Zeit existiert nicht. An diesen Punkt müssen wir beim Sitzen. Es wird sooft versucht zu erklären, was denn da passiert. Es ist nicht zu erklären. Wir wollen Gebete, Gesang, Visualisierungen, um für uns selbst etwas erklärbar zu machen. Und dieser Dogen sagt einfach Shikantaza und wir hocken uns auf das Kissen, verschließen halb unsere Augen und warten darauf, dass etwas passiert. Es muss ja etwas passieren, sonst bräuchte ich ja nicht so lange auf dem Kissen zu sitzen und mir eingeschlafene Beine antun. Aber es passiert nichts. Rein gar nichts. Ein Blatt Papier hat eine Vorder- und eine Rückseite. Selbst wenn die Vorderseite voller geschriebener Gedanken ist, so kann die Rückseite doch leer sein. Kann ich ein Blatt nur mit einer Vorderseite haben? Es wäre dann kein Blatt mehr.
Oft wird gesagt, dass Zazen sterben lernen bedeutet. Das klingt sehr düster, ist aber sicherlich nicht so gemeint. Es könnte auch anders ausgedrückt werden: „Wenn wir im Begriff sind zu sterben, gibt es viele Dinge, über die wir uns keine Sorgen machen müssen“, sagt Zen-Lehrer Lewis Richmond. Stimmt, oder? Das Leben wird also einfacher im Bewusstsein des Sterbens.